Keine GEMA-Gebührenpflicht für Wohnungseigentümer-Gemeinschaften – Urteil des BGH

Das Urteil wurde lange erwartet: Ende letzter Woche entschied der zuständige 1. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes nun, dass eine Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) für die Weiterleitung des Kabelsignals an einzelne Wohneinheiten keine GEMA-Gebühr bezahlen muss.

Die GEMA als Klägerin

Geklagt hatte die Gesellschaft für musikalische Aufführungs- und mechanische Vervielfältigungsrechte (GEMA). Diese nimmt zum einen die ihr eingeräumten urheberrechtlichen Nutzungsrechte für Komponisten, Textdichter und Musikverleger wahr und führt zum anderen das Inkasso für auf vergütungspflichtigen Kabelweitersendungen beruhende Ansprüche anderer Verwertungsgesellschaften durch. Die Verwertungsgesellschaften nehmen die ihnen von Urhebern, ausübenden Künstlern, Sendeunternehmen und Filmherstellern eingeräumten urheberrechtlichen Nutzungsrechte war.

Gegenstand der Klage

gema_wegIm zu entscheidenden Fall war die WEG eines Wohngebäudes mit 343 Wohneinheiten Beklagte. Diese betreibt in dem Gebäude ein Kabelnetz, mit dem das von einer Gemeinschaftsantenne abgeleitete Sendesignal in die einzelnen Wohnungen weitergeleitet wird. Auf diese Weise wird der Fernseh- und Rundfunkempfang gewährleistet.

Die WEG entrichtet keine GEMA-Gebühr. Die Klägerin vertritt die Auffassung, dass mit dieser Weiterleitung der Sendesignale das Kabelweitersenderecht der durch sie vertretenen Urheber und Leistungsschutzberechtigten verletzt werde. Sie klagt demzufolge auf Schadensersatz gegen die WEG.

Das Urteil des BGH

Der BGH vertritt die Auffassung, dass das OLG mit Recht angenommen hatte, dass die beklagte WEG durch den Betrieb der Kabelanlage nicht das von der Klägerin ausgeübte Kabelweitersendungsrecht verletzt habe. Denn eine Kabelweitersendung setze eine öffentliche Wiedergabe im Sinne von § 15 Absatz 3 UrhG voraus. Dieser Begriff der öffentlichen Wiedergabe müsse aber nicht alleine nach nationalem Recht, sondern in Übereinstimmung mit entsprechenden europäischen Bestimmungen sowie der dazu ergangenen Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union ausgelegt werden. Dieser Begriff kann daher nicht beschränkt werden auf den Begriff der Öffentlichkeit im Sinne von § 15 Abs. 3 UrhG, der private Gruppen mit persönlicher Verbundenheit gleichsetzt. Nach EU-Recht setzt die Öffentlichkeit einer Wiedergabe vielmehr voraus, dass einer „unbestimmten Zahl potentieller Adressaten“ der Zugang zu denselben Werken und Leistungen eröffnet wird.
Diese Voraussetzung ist nicht erfüllt, wenn die Wiedergabe auf „besondere Personen“ beschränkt ist, die einer „privaten Gruppe“ angehören. Dies sei aber bei der verklagten WEG der Fall. Die Empfänger des Sendesignals sind „in ihrer Eigenschaft als Bewohner der Wohnanlage“ von anderen Personenkreisen klar abgegrenzt. Das gelte auch für eine WEG mit 343 Wohneinhei-ten, da aus der europäischen Rechtsprechung sich nicht ergebe, dass eine „private Gruppe“ aus wenigen Personen bestehen muss.

Der BGH war aus diesen Gründen der Ansicht, dass keine Wiedergabe für die Öffentlichkeit vorliegt. Wenn die Gesamtheit der Wohnungseigentümer anstelle zahlreicher Einzelantennen eine Gemeinschaftsantenne installiere und die empfangenen Sendesignale über Kabel an die Empfangsgeräte der einzelnen Wohnungen weiterleite, sei dies als eine Wiedergabe anzusehen, die auf „besondere Personen“ beschränkt ist, die einer „privaten Gruppe“ angehören. Im Ergebnis leiten die einzelnen Eigentümer die Sendungen nur an sich selbst weiter, so der BGH. Damit schuldet die WEG keine Gebühren und keinen Schadenersatz.

Quelle: www.ddiv.de